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Die Herren von Wolkenstein-Rodenegg

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Mit dem Ende der Gufidauner fiel Rodeneck wieder an den Landesfürsten zurück, der es durch Pfleger verwalten ließ. 1491 gelangten Schloß und Herrschaft Rodeneck an die Freiherren (seit 1474) und späteren Grafen (seit 1630) von Wolkenstein-Rodenegg, deren Nachkommen das Schloß Rodenegg mit einer kurzen Unterbrechung noch heute besitzen. Hier kann nicht auf die ganze Geschichte dieses mächtigen und berühmten Tiroler Adelsgeschlechtes eingegangen werden, dessen Archiv sich im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg befindet, sondern nur auf die große Bedeutung verwiesen werden: Viele Mitglieder bekleideten hohe politische Ämter in Brixen und Innsbruck, traten in den Kriegsdienst ein oder stellten Domherren in Brixen, Trient, aber auch in Salzburg und Augsburg. Von den Frauen leiteten einige als Äbtissinnen berühmte Klöster.
Die Wolkensteiner tauchen bereits im 13. Jahrhundert auf und entstammen den Herren von Villanders: Randold von Villanders-Pardell (Gravetsch) erwarb 1291 die im innersten Grödental gelegene Burg Wolkenstein, nach der sich dessen Sohn Konrad seit 1320 "von Wolkenstein" nennt. Mit Konrads Enkeln teilt sich das Geschlecht in zwei Linien: Der "Minnesänger" Oswald - sein Gedenkstein befindet sich im alten Friedhof von Brixen - begründet die Linie Wolkenstein-Rodenegg, sein Bruder Michael die Linie Wolkenstein-Trostburg.
Oswald II., der Jüngere, ein Sohn des "Minnesängers", war für kurze Zeit bereits als Pfleger auf Rodenegg, besaß dort mehrere Höfe und war somit der erste Wolkensteiner auf Rodenegg. Am 22. Juli 1491 übergab König Maximilian, der im Jahr vorher von Erzherzog Sigismund (dem Münzreichen) Tirol und die Vorlande erhalten hatte, Veit von Wolkenstein, einem Sohn Oswalds II., Schloß und Herrschaft Rodenegg zu freiem Eigen. Das war die Belohnung für seine vielen und treuen Dienste: So nahm er schon im Kriege Maximilians um Burgund, das Erbe seiner Frau Maria, das diese von ihrem Vater Karl dem Kühnen erhalten hatte, teil und rettete Maximilian 1479 in der Schlacht von Guinegate das Leben. Auch später blieb er sein treuester Begleiter auf dem Weg zur Königswahl nach Frankfurt am Main und zur Krönung nach Aachen. Besondere Verdienste erwarb er sich 1488 beim Aufstand in Brügge. König Maximilian wurde dabei mit seiner Begleitung, worunter sich auch Veit und sein Bruder Georg befanden, gefangengenommen und nach Gent gebracht. Veit gelang dort die Flucht, beteiligte sich am Befreiungskrieg und stellte sich als Geisel für Maximilian, wodurch dieser freigelassen wurde. Veit zeichnete sich nicht nur militärisch, sondern auch in verschiedenen diplomatischen Diensten aus und wurde Rat, Kämmerer und oberster Feldhauptmann Maximilians. Er mußte auch sehr reich gewesen sein, denn er verlieh öfters Geld, wie z.B. an König Maximilian, der ihm dafür bereits 1496 Schloß und Herrschaft Ivano in der Valsugana überließ, oder er bekam hohe Summen für seine diplomatischen Tätigkeiten. Sogar Richard, der Herzog von York, Sohn des verstorbenen Königs Eduards IV. von England und Frankreich, bedankte sich bei "Herrn Vitus de Wolquestain" für die erteilten Ratschläge und versprach ihm 4.000 fl.
Veit war der erste Tiroler, der vom Kaiser mit dem höchsten Orden, dem Goldenen Vließ, ausgezeichnet wurde. Er starb als Statthalter der österreichischen Vorlande in Freiburg im Breisgau und wurde im Frauenmünster daselbst beigesetzt. Da er kinderlos war, ging sein Besitz an seinen Bruder Michael (1499 -1523) über, der neben vielen Schlössern und Gerichtsherrschaften auch die Herrschaft Lienz (in Osttirol) erwarb. Veit II. (1523 -1538) und Christoph (1538 -1600) sind besonders für die Vergrößerung und den Ausbau des Schlosses Rodenegg verantwortlich, das kaum dem landesfürstlichen Ambras bei Innsbruck nachstand. Unter Christoph I. begann sich die Kultur der Renaissance auf Rodenegg zu entfalten: Im Erdgeschoß wurde die neue Schloßkapelle zum hl. Michael erbaut und am 25. Juli 1582 vom Weihbischof Johannes Nas eingeweiht. Die romanische Kapelle zum hl. Nikolaus in der alten Burganlage wurde "altershalben" und wegen des schadhaften Gemäuers abgetragen- Bei Sanierungsarbeiten wurden 1993 beim Ausgang zum "Rosengartl" (rota = Radfenster) Reste der alten Apsis freigelegt und abgeschirmt. Ferner entstanden um diese Zeit ein feuersicheres Archiv, eine wertvolle Bibliothek, eine Gemälde-, Münzen-, Wappen- und Waffensammlung.
Christoph I. gehörte zu den reichsten Schloßherren Tirols
und erwarb ständig neue Besitzungen. 1564 erhielt er durch Erbe des Karl von Welsperg das Kupferbergwerk Prettau, das unter den Wolkensteinern einen neuen Aufschwung nahm. Mit Recht trägt daher ein Stollen seinen Namen. Der Kaiser erlaubte ihm auch die Errichtung einer Messinghütte in Lienz.
Die Blütezeit der Wolkensteiner auf Rodenegg war von kurzer Dauer. Bereits um die Mitte des 17. Jahrhunderts kam es zu einem Konkursverfahren, bei dem Graf Fortunat (1615 - 1647) sein Vermögen den Gläubigern überlassen mußte.
Der größte Schlag, von dem sich Schloß Rodenegg nie mehr ganz erholte, war der verheerende Brand vom 17. Mai 1694. Bei der Hochzeitsfeier des Schloßverwalters Johann Eberle aus Innsbruck wurde durch Fahrlässigkeit beim Böllern das ganze Schloß durch Feuer vernichtet. Verschont blieben nur das feuerfeste Archiv, die mit mehreren Prachtausgaben versehene Bibliothek, die Kapelle, das geheime Burgverlies und ein Teil der Rüstkammer. Das Schloß selbst wurde nach diesem Unglück nur mehr notdürftig mit einem Dach versehen. Der größte Teil blieb Ruine, mit Ausnahme des so genannten "Gemalten Saals" oder Hochzeitsaales (1697) und einiger Zimmer, und drohte zusehends zu verfallen. Zudem wohnte meist nur mehr ein Schloßpförtner auf der Burg. Diese ging durch die Vermählung der beiden Töchter Graf Karls zunächst auf die Grafen Trapp und die Freiherren von Seyffertitz, von letzteren auf die reichen ungarischen Grafen Karatsony von Karatsonyfalva über.